4 1. Deutschlands Größe und Machtstellung.
Cuxhaven im Hintergrund und dem Bremerhaven und Bremer-
verkehrsgebiet in der Nachbarschaft. An der Ostseeküste wird die
Kieler und Lübecker Bucht von dem Küstenwinkel umschlossen.
Die Lübecker Bucht dringt bis auf eine Entfernung von 52 km
nach der Elbe vor und erreicht diese selbst durch den Elbe-Trave-
kanal. Im Hintergrund des Küstenwinkels, der mit seiner Schenkel-
Verlängerung bis Greifswald, der „wendischen Küste," das Zentrum
des Machtbereichs der Hanse war, liegen Warnemünde, Wismar,
Lübeck, die Ostmündung des Kaiser Wilhelm-Kanals und Kiel,
der größte deutsche Kriegshafen; alle sind sie berufen, zur Neu-
belebung des neuen deutschen Seeverkehrs beizutragen.
Messen wir die Länge der deutschen Küste ohne die tiefen
Einschnitte und Inseln, so erhalten wir eine Länge von 1270 km,
d. i. ein Fünftel der Küstenlänge Italiens oder zwei Fünftel der
Küstenlänge Frankreichs. Auf 1 km Küstenlänge entfallen in
Deutschland 425 qkm, in Italien 45 qkm. Das könnte augenschein-
lich gegen eine günstige Küstenentwicklung Deutschlands sprechen.
Man kann aber wohl kaum behaupten, daß für einen kontinen-
talen Staat wie Italien trotz seiner ausgesprochenen Halbinsel-
natur ist, die große Ausdehnung der Küste ein besonderer Vorteil
sei; denn im Vergleich zu seinem Flächeninhalt hat Italien eine
viel zu große Küstenentwicklung, wodurch Italien gezwungen ist,
sofern es in dem modernen Verkehr und Handel tätig eingreifen
will, mehr Seemacht als Landmacht zu sein. Letztere leidet ent-
schieden darunter. Die deutschen Küsten — die Nordseeküste mehr
wie die Ostseeküste — beweisen, daß nicht jedesmal die lange und
gegliederte Küste den Handel an sich ziehen muß, sondern dies
auch durch eine weniger gute und kürzere Küste geschehen kann,
wenn nur ein oder wenige geeignete Pforten vorhanden sind,
durch die es der Ausdehnungsfreudigkeit und Ausdehnungskrast
eines Volkes ermöglicht wird, nach den nächsten und Verkehrs-
reichsten Weltmeeren und Überseeländern über- und einzugreifen.
Diese bemerkenswerte Eigenschaft der deutschen Küste wird durch
die große Bedeutung erhöht, die sie für unfern Wohlstand und
unsere Macht dadurch hat, daß fast das ganze Gebiet des Deutschen
Reichs zu ihrem wirtschaftlichen Hinterland gehört.
Die Nordseeküste ist die ozeanischste der deutschen Küsten;
denn an ihr machen sich die Gezeiten und Sturmfluten eines der
stürmereichsten Meeres bemerkbar. Infolgedessen ist die Nordsee-
küste auch vielmehr der Zerstörung als die Ostseeküste ausgesetzt,
hier arbeitet mehr Frost und Eis an der Zerstörung des Küsten-
saumes. Beständig ist an beiden Küsten der Mensch im Kampf
mit den Unbilden des Meeres, und durch Deiche und Dämme
schützt der Nordseeküstenbewohner sein kostbares Marschland, das
in den Dithmarschen bis 16 km breit ist, und durch Verhaue
(Buhnen) und Bepflanzung sucht der Ostseeküstenbewohner die ver-
Verblichen Flugsanddünen zu befestigen. Wenn der Mensch nicht
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T48: [Fluß Meer See Strom Land Wasser Mündung Kanal Lauf Ostsee], T0: [Meer Insel Halbinsel Küste Ozean Afrika Land Europa Kap Straße], T9: [Krieg Deutschland Reich Frankreich Preußen Macht Zeit Kaiser Jahr Frieden]]
TM Hauptwörter (200): [T34: [Meer Wasser Land Küste Insel See Flut Fluß Tiefe Welle], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T160: [Insel Hafen Meer Küste Stadt Halbinsel Neapel Straße Einw. Hauptstadt], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands Cuxhaven Bremerhaven Greifswald Wismar Kiel Italiens Frankreichs Deutschland Italien Deutschlands Italien Italien Italien Dithmarschen
20 I. Deutschlands Größe und Machtstellung.
hat sich von 1900 bis 1909 um 374 Millionen Mark oder
56 °/0 erhöht.
Das ist unstreitig eine herrliche Entwicklung der deutschen
Handelsflotte, umso bedeutungsvoller, als die Entwicklung nicht
das Ergebnis einer staatlichen Subventions- (Unterstützungs-)
Politik, wie in England, Frankreich und Japan ist, sondern das
Werk des privaten und kommunalen Unternehmungsgeistes.
Der Aufschwung der deutschen Handelsflotte ist eng verknüpft
mit dem gewaltigen Wachsen unserer beiden großen Reedereien,
der Hamburg-Amerika Linie (Hamburg - Amerikanische
Paketfahrt-Aktien-Gesellfchaft oder kurzweg H.a.p.a.g. = Hapag)
und des Norddeutschen Lloyds. Innerhalb eines Menschen-
alters haben beide Gesellschaften eine glänzende Entwicklung
genommen (vgl. statist. Anhang Viii) und den Ruhm und die
Tüchtigkeit deutscher Seefahrt weit in alle Welt hinausgetragen.
Mit dem Jahr 1911 ist ein Markstein in der Entwicklung der
Hamburg-Amerika Linie und die bisher noch nie dagewesene
Tatsache erreicht, daß mehr als 1 Million Registertonnen unter
einer Reedereiflagge sich vereinigt finden. Gleichzeitig ist dies
ein nicht uninteressanter Beleg für die überall wahrnehmbare
Tatsache des Wachstums der Großbetriebe. Auf der Hamburger
Werft des Stettiner Vulkans wird jetzt für die Hamburg-Amerika
Linie ein Riesenfracht- und Passagierschiff gebaut, das 50000
Registertonnen (== 1415000 cbm) groß ist, also bedeutend größer
als die gegenwärtig größten Schiffe Deutschlands, die nicht
30000 Registertonnen erreichen oder als das englische Riesenschiff
„Olympic" mit 45 000 Registertonnen brutto. Das neue deutsche
Riesenschiff führt den Namen „Imperator." Ein Schwesterschiff
des „Imperators" wird auf der Werft von Vlohm und Voß in
Hamburg gebaut, und ein drittes Schiff von gleicher Größe hat
die Hamburg-Amerika Linie bereits in Auftrag gegeben.
Nord- und Ostsee sind die nächsten Verkehrsgebiete für
unsere Handelsflotte. In der Ostsee waren 1911 rund 950 Schiffe
mit 500000 Registertonnen brutto beheimatet, in der Nordsee
3730 Schiffe mit 4 Millionen Registertonnen brutto. Es verhalten
sich demnach die Schiffsräume der Ostsee zur Nordsee wie 1:8,
vor zwanzig Jahren und mehr war das Verhältnis für die Ost-
see günstiger (vgl. stat. Anh. Ix). Dagegen verhält sich der
Seeverkehr beider Gebiete roie 1:3, insofern 1909 die deutschen
beladenen Schiffe in der Ostsee 7,4 Millionen Registertonnen aus-
wiesen und in der Nordsee 21,1 Millionen. Das Verhältnis war
früher auch günstiger für die Ostseegebiete, so im Jahre 1874
wie 2:3.
Der Schiffahrtverkehr in den deutschen Häfen hat sich seit
1871 sowohl der Zahl wie dem Raumgehalt nach ganz außer-
ordentlich entwickelt (vgl. stat. Anh. X). In dem Verkehr der
deutschen Häfen ist gegenwärtig die deutsche Handelsflotte am
TM Hauptwörter (50): [T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T39: [Jahr Million Geld Mark Arbeiter Arbeit Zeit Summe Staat Thaler]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T28: [Schiff Meer Wasser Land Küste Ufer Insel See Flut Welle], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T36: [Million Mark Jahr Geld Thaler Mill Summe Wert Gulden Pfund]]
TM Hauptwörter (200): [T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T54: [Staat Zeit Volk Deutschland Leben Reich Jahrhundert Macht Entwicklung Gebiet]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschlands England Frankreich Japan Hamburg-Amerika Hamburg Hamburg-Amerika Deutschlands Vlohm Hamburg Ostsee Nordsee Ostsee Nordsee
14 1- Deutschlands Größe und Machtstellung.
Offiziere. Neue Sprengmittel (Pigrinsäure) wurden erfunden und
die starken Mauern der Festungen hielten der Sprengwirkung
neuer Geschosse nicht mehr Stand. Schon dachte man an die
Entwertung aller Festungen, aber die Technik hat noch immer
wieder Mittel gefunden, den kräftigen Zerstörungsmitteln noch
kräftigere Widerstände entgegenzusetzen; sie wurden gefunden im
Panzer und im Beton (dem zu hartem Stein erstarrenden Gemisch
von Steinbrocken, Sand und Zement). Mit äußerster Kraft-
anstrengung wurden in kurzer Zeit die Umbauten und Ver-
stärkungen der Festungen vollendet, die man immer mehr in die
Erde hineinlegte, um dem Feinde keine Zielpunkte zu geben *).
Festungen und ähnliche Werke haben sicherlich eine große
Bedeutung für den Schutz des Landes. Zunächst wollen sie
größere Städte, in denen sich Militär-Magazine, sowie Fabriken
und Werkstätten zur Anfertigung von Heeresbedürfnissen befinden,
gegen feindliche Besitzergreifung schützen, sodann dem Feinde das
Vordrängen erschweren, indem wichtige Flußübergänge, Bahn-
linien, Gebirgspässe u. a. m. gesperrt werden; zuletzt wollen sie
den Aufmarsch des eigenen Heeres sichern und zurückgehenden
Heeresteilen als Sammelort dienen. Das sind die Hauptaufgaben
der Festungen, insonderheit der Landfestungen. Die Küsten-
befestigungen verfolgen ganz ähnliche Zwecke. Sie sind zunächst
eigentliche Kriegshäfen und Stützpunkte, sodann Befestigungen
zum Schutze von Landungsplätzen, die eine Ausschiffung großer
Teile des feindlichen Landheeres gestatten, von Küstenpunkten in
strategisch günstiger Lage, von Seehäfen, die als Mittelpunkt des
Handels wichtig sind, und von engen Durchfahrten und Kanälen.
Vor die Küste vorgeschobene Punkte werden befestigt, um, wie
z. B. Helgoland vor der Jade-, Weser- und Elbemündung, der
Flotte Unterstützung zu gewähren, ihre Bewegungsfreiheit zu er-
höhen und eine etwaige Blockade locker zu gestalten.
Die Befestigungen haben infolge ihrer hochwichtigen Aufgaben
in Bezug auf den Schutz des Vaterlandes ihr Verbreitungsgebiet
hauptsächlich an den Grenzen des Reichs. Die West grenze
wird bewacht von Wesel, Cöln mit Deutz, Coblenz mit Ehren-
breitstein, Mainz, Metz, Dietenhofen, Pitsch, Straßburg, Feste
Kaiser Wilhelm Ii., Neubreisach, Freiburg im Br. Binnen-
f e stu n g e n sind Ulm, Ingolstadt, Königstein, Magdeburg, Spandau
und Küstrin. Die Ostgrenze besitzt eine größere Anzahl von
Festungen ersten Ranges, so Königsberg, ^ Boyen, Graudenz,
Marienburg, Thorn und Posen. Glogau hat seine alte Bedeutung
als Festungsstadt eingebüßt. Die zwei großen Kriegshäfen
*) Die Festung Ehrenbreitstein weicht in ihrem Bau von den meisten
andern Festungen ab, indem an Stelle von Erdwällen eine Menge mit
Schietzscharten versehene Mauerbauten sichtbar sind. Die steilen Berghänge
bilden ein natürliches sturmfreies Hindernis. Ahnlich ist es bei dem be-
festigten Königstein an der Elbe.
TM Hauptwörter (50): [T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T24: [Schiff Meer Insel Küste Land Fluß See Wasser Hafen Ufer], T28: [Schlacht Heer Feind Mann Armee Napoleon Franzose General Truppe Preußen]]
TM Hauptwörter (100): [T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland], T15: [Schiff Flotte Hafen England Jahr Insel Engländer Meer Küste Kriegsschiff], T23: [Stadt Feind Tag Heer Mauer Mann Lager Nacht Kampf Soldat], T6: [Eisen Gold Silber Kupfer Wasser Blei Metall Salz Kalk Stein]]
TM Hauptwörter (200): [T129: [Schiff Hafen Flotte Meer Küste Fahrzeug See Kriegsschiff Land Dampfer], T144: [Stadt Frankreich Münster Straßburg Metz Mainz Elsaß Bischof Frieden Trier], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T140: [Stadt Franzose Feind Festung Truppe Tag Mann Paris Belagerung Angriff], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital]]
Extrahierte Personennamen: Metz Wilhelm Königsberg
22. Verkehrswege und Verkehrsmittel im Deutschen Reiche. 105
bahnnetz und ohne die „schwimmenden Städte", die imstande
sind, Tausende von Menschen zu gleicher Zeit von einem Welt-
teil zum andern zu bringen. Als neueste Beförderungsmittel
sind das lenkbare Luftschiff und der Flugapparat in Erscheinung
getreten; ihre Entwicklung ist aber erst in den Anfängen begriffen,
trotz der bereits erreichten bewundernswürdigen Erfolge. Haben
die modernen Einrichtungen zur raschen Fortbewegung von
Menschen und Gütern die Uberwindung des Raumes zum Ziele,
so dient eine Gruppe anderer Verkehrsmittel der Uberwindung
der Zeit: Elektrische Telegraphie mit und ohne Draht, sowie
Fernsprecher, die durch große Entfernungen getrennte Menschen
in unmittelbare Verbindung setzen.
Neben der Entwicklung der Industrie zeugt für den gewal-
tigen Aufschwung des wirtschaftlichen Lebens von Deutschland die
gleichfalls riesenhafteentwicklungderverkehrswege
und Verkehrsmittel. Ihre Vervielfältigung und Vervoll-
kommnung haben den Ausgleich der einst bestandenen Wirtschaft-
lichen Gegensätze im Binnenlande außerordentlich begünstigt, so
daß Teuerungen, Not und Elend, wie sie in den frühern Zeiten
da und dort verheerend auftraten, jetzt ausgeschlossen sind.
Der deutsche Boden wird von einer Anzahl natürlicher
Straßenzüge durchfurcht, die schon von alters her Handel
und Verkehr zu benutzen verstanden. Das Donautal nur hat
aus leicht erklärbaren Gründen seine Bedeutung als Handels-
und Völkerstraße eingebüßt. Um so wichtiger ist aber für heutige
Verhältnisse noch das breite Rheintal, an dem auch die ältesten
deutschen Handelsstädte Worms, Eoblenz, Cöln u. a.) erbaut
worden sind. Eine zweite bedeutende südnördliche Handelsstraße
ging über den Brenner nach Oberbayern (Partenkirchen, Augs-
bürg), sodann nach Franken (Nürnberg) und weiter nach Norden.
Beide Straßenzüge stehen durch den Mainstraßenzug in Ver-
bindung, und an der wichtigsten Verbindung dieser Straßen ist
Frankfurt als bedeutendste Handelsstadt entstanden. Von hier
strahlt außer einer nördlichen Straßenrichtung (Frankfurt—cassel—
Hannover—bremen— oder Hamburg oder Lübeck) noch eine nord-
östliche aus, die durch die Einsattelung zwischen Rhön und Vogels-
berg die Thüringer und _ weiterhin die Sächsischen Lande (Leip-
zig) erreicht. Andere wichtige südnördliche Straßenzüge gehen
vom Wiener Becken aus, einmal durch Böhmen, das Oberlausitzer
Gebirge nach der Nordsee und sodann durch Mähren ins Oder-
tal. Da, wo sich die deutschen Mittelgebirgslandschaften allmäh-
lich zum Tiefland verflacht haben, gehen die großen norddeutschen
Handels- und Verkehrsstraßen von Westen nach Osten, teilweise die
alten Urstromtäler benutzend (Hannover, Braunschweig, Magdeburg,
Berlin, von hier nach Südosten in der Richtung nach Frankfurt
a. O., Breslau, nach Osten — Warschau — und nach Nordosten —
Danzig, Königsberg und weitern Orten).
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T18: [Gebirge Berg Teil Rhein Höhe Wald Fluß Alpen Seite Donau]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T10: [Stadt Berlin Hamburg Elbe Einw. Magdeburg Stettin Festung Lübeck Provinz], T92: [Mensch Leben Natur Arbeit Zeit Ding Geist Welt Art Seele], T16: [Ende Körper Strom Bild Hebel Hand Auge Wasser Gegenstand Seite], T5: [Rhein Main Wald Thüringer Teil Schwarzwald Gebirge Neckar Saale Jura]]
TM Hauptwörter (200): [T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T52: [Arbeiter Arbeit Zeit Betrieb Jahr Fabrik Maschine Staat Preis Kapital], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T14: [Gebirge Wald Teil Höhe Berg Harz Thüringer Bergland Gebirg Weser], T175: [Mensch Leben Natur Körper Seele Tier Thiere Arbeit Erde Pflanze]]
23. Deutschland auf den Hochbahnen des Weltverkehrs u. Welthandels. 115
23. Deutschland auf den Hochbahnen des Weltverkehrs
und Welthandels.
All' die hervorragenden Verkehrseinrichtungen, all' die
wunderbaren Werke der Verkehrstechnik eines Landes würden
zum großen Teil ihrer eigentlichen Zweckbestimmung # verlustig
gehen, wenn sie zuletzt nicht wichtige Maschenglieder eines Ver-
kehrsnetzes wären, das die ganze Erde umspannt. Die Verkehrs-
einrichtungen zu Lande knüpfen an die ähnlichen Einrichtungen
der Nachbarstaaten an, eigene Bahnen jedoch schlägt der Ubersee-
verkehr ein; denn das Meer widerstrebt seiner Natur nach
jeglicher politischen Abgrenzung. Nur kleine festlandnahe Meeres-
teile können staatlicher Oberhoheit unterstehen, wie die Dardanellen,
Mündungsgebiete bedeutender Flüsse und kleine Buchten.
Mit unsern Telephon- und Telegraphenlinien, Straßen und
Eisenbahnen greifen wir in unsere Nachbargebiete über. Gehen
diese Linien in ihrer natürlichen Fortsetzung auch in den Besitz
der Nachbarländer über, so beherrschen doch deutsche Waren,
deutsche Nachrichten, deutsche Reisende einen großen Teil, wenn
nicht den Hauptteil des Verkehrs auf den Linien, die sich als
große Überlandstraßenzüge entwickelt haben und die gegen-
überliegenden Randgebiete Europas als Transkontinental-
bahnen und die Randgebiete Europas und Asiens als Jnter-
kontinentalbahnen (Sibirische Eisenbahn) verbinden. Mit
Transkontinentalbahnen ist kein Festland so vielstrahlig als
Europa durchzogen, in der Hauptsache von Nord nach Süd und
von West nach Ost und umgekehrt. Infolge der Herzlage Deutschlands
kann es nicht wundernehmen, wenn die wichtigsten der großen
transkontinentalen Schnellzüge, die Luxus- oder Ex preßzüge,
ihren Weg durch unser Vaterland nehmen. Von den 22 europäischen
Expreßzügen kommt für Deutschland allein die Hälfte, und zwar
die auf den wichtigsten Linien in Betracht. Teils gehen sie
durch deutsches Reichsgebiet hindurch, wie der Nord-Ostende-
Budapest-, Ostende-Karlsbad-Orient-, Paris-Karlsbad-Expreß, teils
nehmen sie in Deutschland ihren Anfang, wie der Nordsüd- oder
Brenner-Expreß, der Verlin-Marienbad-, der Ägypten-, Berlin-
Neapel-, Riviera- und Lloyd-Expreß.
Die nordsüdlichen Linien verfolgen Wege, die deutscher
Handel und Verkehr schon seit Jahrhunderten begeht. Die
Alpenlinien spielen schon in der grauen Vorzeit unserer
Geschichte eine Rolle. Noch heute ist der Verkehr auf den Alpen-
limen nicht bloß ein ungeschwächter, sondern ein von Jahr zu
Jahr stetig steigender. Der Verkehr von Nord nach Süd ist
bedeutend größer als umgekehrt, sowohl im Personen- wie im
Warenverkehr. Die verkehrsreichsten Linien zwischen Süd und
Nord sind die Gotthard-und die Brennerbahn. Die erstere
ist die Stamm- oder Hauptlinie. Wenn man die schweren
8*
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T49: [Land Klima Europa Meer Lage Asien Winter Insel Afrika Zone], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T50: [Klima Land Meer Gebirge Europa Zone Norden Küste Süden Winter], T27: [Erde Linie Punkt Breite Länge Kreis Ort Meile Winkel Meridian]]
TM Hauptwörter (200): [T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T126: [Land Handel Europa Meer Osten Zeit Westen Volk Deutschland Jahrhundert], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T193: [Meer Halbinsel Gebirge Norden Süden Osten Westen Küste Insel Europa], T180: [Erde Punkt Sonne Kreis Linie Ort Horizont Richtung Aequator Zone]]
Extrahierte Ortsnamen: Deutschland Deutschland Europas Europas Asiens Europa Nord Ost Deutschlands Deutschland Nord-Ostende-
Budapest- Ostende-Karlsbad-Orient- Deutschland Nordsüd- Berlin-
Neapel- Nord Nord
116 in. Die materiellen Grundlagen der deutschen Kultur.
Massenartikel, wie Metallwaren, Baumaterialien, Lebensmitte
und Brennstoffe, berücksichtigt, so befördert im nordsüdlichen
Verkehr die Gotthardbahn vier- bis fünfmal soviel an deutschen
Erzeugnissen als die Brennerlinie. Die Quellen, die diesen groß-
artigen Gotthardverkehr speisen, befinden sich zu beiden Seiten
des Unterrheins. Im südnördlichen Verkehr stehen die beiden
Bahnen in nahezu gleichem Maße im Dienste deutscher Zwecke
was dadurch erklärlich wird, daß sehr bedeutende Verbrauchsplätze
für italienische Erzeugnisse, wie München, Nürnberg, Dresden,
Leipzig, Berlin u. a. m., im Verkehrsgebiet des Brenners liegen.
Infolge der Uberschienung und Durchquerung der Alpen
hat der deutsche Handel in Italien den englischen zurückgedrängt,
nur in Bezug auf Steinkohlen beherrscht Großbritannien noch
die italienische Einfuhr. Deutschlands Verbindungen mit dem
Süden werden durch jede neue Alpenbahn inniger und bedeutungs-
voller. Allüberall hat sich's im deutschen Wirtschafts- und
Staatsleben erwiesen, daß durch jede neue Verbindung mit dem
Süden nicht bloß die deutsch-italienischen, sondern überhaupt die
deutsch-mittelländischen und deutsch-orientalischen Beziehungen
ungemein verstärkt worden sind.
Eigene Verkehrswege, die weit über die politischen Grenzen
hinauslaufen, beherrscht Deutschland im Unterseekabelverkehr.
Aür den internationalen Nachrichtenverkehr sind die Kabel-
Verbindungen mit überseeischen Ländern von größter Bedeutung.
Erst am Ende des vorigen und Anfang dieses Jahrhunderts ist
die deutsche Telegraphenverwaltung an einen großzügigen Aus-
bau des deutschen Telegraphenverkehrs durch Seekabel mit
Uberseeländern herangeschritten. Die Gesamtlänge der unter
Aufsicht des Deutschen Reichs stehenden Unterseekabel beträgt
über 37 000 km. Die längsten sind die zwei Kabel von Greetsiel
bei Emden über Horta Azoren) nach Neuyork, durch die im
Jahre 1900 Deutschland in unmittelbaren _ Telegrammverkehr
mit den Vereinigten Staaten von Nordamerika trat. Fast von
ähnlicher Länge ist das Kabel der Deutsch-niederländischen
Telegraphengesellschaft, das von Menado auf Eelebes nach der
Karolineninsel Jap geht und von da nach der Insel Guam, wo
es an das amerikanische Pazifikkabel angeschlossen ist. Wichtig
ist die erst kürzlich fertiggestellte Kabelverbindung Emden-Monrovia
(Liberia)-Pernambuco (Brasilien), wodurch Deutschland unmittelbar
mit Afrika (Togo, Kamerun) und Südamerika in Verbindung tritt.
Den neuesten Zweig des Weltverkehrs, die Funken-
telegraphie, hat Deutschland von vornherein zu erobern
verstanden. Deutsche Gelehrte (Hertz, Slaby, Braun) haben
vorzugsweise an der Erfindung und dem Ausbau der drahtlosen
Telegraphie mitgewirkt, und das durch ihre Arbeit hervorgegangene
deutsche System Telefunken wird in der Leistungsfähigkeit
durch kein ausländisches (Marconi- und de Forest-System) über-
troffen. Die Funkentelegraphie dient dazu, den Schiffen auf
TM Hauptwörter (50): [T29: [Handel Industrie Land Ackerbau Fabrik Stadt Deutschland Mill Viehzucht Gewerbe], T41: [Insel Staat England Amerika Kolonie Mill Küste Nordamerika Land Stadt], T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T4: [Handel Land Industrie Stadt Verkehr Gewerbe Ackerbau Viehzucht Deutschland Zeit], T64: [Insel Amerika Land Spanier Australien Kolonie Hauptstadt Küste Entdeckung San], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T93: [Alpen See Schweiz Rhein Berg Bodensee Fuß Italien Schweizer Paß]]
TM Hauptwörter (200): [T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T122: [Stadt Hamburg Handel Berlin Bremen Lübeck London Deutschland Frankfurt Verkehr], T86: [Insel England Irland Schottland Kolonie Hafen Stadt Küste Hauptstadt Kamerun], T75: [Strom Elektrizität Ende Eisen Magnet Elektricität Körper Draht Funke Leiter]]
Extrahierte Personennamen: Menado Slaby
Extrahierte Ortsnamen: Nürnberg Dresden Leipzig Berlin Italien Deutschlands Deutschland Emden Neuyork Deutschland Nordamerika Guam Liberia Brasilien Deutschland Kamerun Deutschland Marconi-
182 V. Das Deutschtum im Auslande,
Überall versteht man daselbst auch die hochdeutsche Sprache.
Reichsdeutsche leben in Holland über 40000, in der Hauptsache
in den beiden großen Hafenstädten Rotterdam und Amsterdam,
in der Residenz Haag und in der Universitätsstadt Utrecht.
Die Hauptmasse der Schweizerbevölkerung ist deutsch.
72 °/0 spricht deutsch. Unter den 25 Schweizer Kantonen gibt es
18 Kantone, die rein deutsch sind, d. h. ihre deutsche Bevölkerung
beträgt mehr als 80 % der Gesamtbevölkerung; es gibt aber
keine, # die < ausschließlich französisch oder italienisch wären, denn
auch in diesen ist _ das Deutschtum vertreten, selbst in dem von
Italienern ausschließlich bevölkerten Tessinkanton betragen die
Deutschen l1/2 % der Gesamtbevölkerung. Deutsche Ansiedelungen
finden sich auch in der abgelegenen Verggemeinde Vosko. Dem
deutschen Schweizer ist mehr ein „schwyzerisches" Sonderbewußtsein
eigen als ein deutsches Nationalbewußtsein. Zudem tut er sich
gern auf seine republikanische Staatsform etwas zugute und
schaut auf die in einer Monarchie lebenden Reichsdeutschen herab;
zu leicht vergißt er nur, daß er wirtschaftlich, auch in der „Fremden-
Industrie", hauptsächlich vom Deutschen Reich abhängt und
diesem einen großen Teil seiner wirtschaftlichen Blüte verdankt.
Die Reichsdeutschen finden sich in keinem Lande Europas in so
großer und stetig wachsender Zahl wie in der Schweiz; die Zahl
der deutschen Reichsangehörigen dürfte jetzt 200000, d. h. 6% der
Gesamtbevölkerung erreicht haben.
Außerhalb des durch die heutige politische Grenze umzirkten
deutschen Gebietes finden wir die meisten Deutschen in Ö s t e r r e i ch,
Hierselbst rund 9800000, wozu sich über 100000 Reichs-
angehörige gesellen. Alle Landstriche südlich der Donau, Wien-
Preßburg bis zum Tale der Mur und Drau sind von Deutschen
bewohnt. An der Drau zieht sich die Südgrenze hin, biegt bei
Bozen nach Süden aus und wendet sich bis an den Rhein. Sie
reichte einst bis Verona. Aus diesen südlichen, dem Deutschtum
fast ganz verloren gegangenen Gegenden klingen uns die Sagen
Dietrichs von Bern entgegen, sowie die Minnelieder Oswalds
von Wolkenstein. Zur Zeit der Gegenreformation fielen diese
Gebiete dem Romanismus zum Opfer, und nur wenige Bruch-
stücke im Norden von Verona erinnern an die deutschen An-
siedelungen; auf sie kommen wir späterhin ((5.188) noch zu reden.
Ein breiter, nur im Osten aufgelockerter deutscher Ring
umgrenzt die Tschechen Böhmens, die von ihm wie in einem
Binnenmeer eingeschlossen sind. Indessen auch innerhalb des
tschechischen Gebietes finden sich deutsche Sprachinseln, deutsche
Enklaven. Die wichtigsten unter ihnen sind Schönhengst, Brünn,
Jglau, Olmütz und Bielitz. In Budweis ist das Deutschtum
auffällig zurückgegangen; vor anderthalb Jahrzehnten sprach
man von Budweis noch als von einer deutschen Enklave; jetzt
spricht man nur noch von deutschen Sprachinselchen bei Budweis.
TM Hauptwörter (50): [T4: [Reich Zeit Staat Volk Deutschland Jahrhundert Land Macht deutsch Geschichte], T40: [Polen Ungarn Land Rußland Preußen Stadt Donau Provinz Hauptstadt Königreich], T22: [Volk Bewohner Sprache Land Bevölkerung Einwohner deutsche Religion Million Stamm]]
TM Hauptwörter (100): [T61: [Mill Staat Deutschland Reich Europa deutsch Million Land England Einwohner], T18: [Donau Stadt Ungarn Böhmen Wien Hauptstadt Land Einw. Königreich Mulde], T43: [Zeit Volk Jahrhundert Geschichte Reich Staat Leben Kultur Deutschland Mittelalter], T95: [Bewohner Sprache Volk Land Bevölkerung deutsche Stamm Religion Neger Einwohner], T80: [Rhein Stadt Festung Mainz Maas Straßburg Frankreich Metz Elsaß Deutschland]]
TM Hauptwörter (200): [T153: [Donau Ungarn Land Hauptstadt Böhmen Königreich Wien Stadt Galizien Siebenbürgen], T78: [Mill Staat Million Deutschland Reich Europa Einwohner Land Jahr deutsch], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T11: [Kanal Rhein Verkehr Eisenbahn Fluß Land Meer Handel Stadt Deutschland], T183: [Kind Lehrer Schüler Unterricht Schule Frage Stoff Aufgabe Zeit Geschichte]]
38. Die wirtschaftliche und ethische Erschließung unserer Kolonien. 223
großen Teil seines Mittellaufs schiffbar, wie auch der Kade'i, der den
Ssanga dort erreicht, wo er bereits schiffbar ist. Auf dem Ssanga
lassen wir uns bis zum Kongo tragen. Mit dem Ostzipfel Neu-
kameruns erreichen wir die Stelle des Ubangi, von wo aus dieser
das ganze Jahr über als Verkehrsstraße benutzbar ist. Im Norden
bilden schiffbare Flüsse, Logone und Schari, die Grenze gegen
französischen Besitz. In Deutsch-Südwestafrika sieht es
mit der Schiffbarkeit von Flüssen gar traurig aus, nur die beiden
Grenzflüsse, der Kunene im Norden und der Oranjefluß im Süden
sind für Verkehrszwecke geeignet, desgleichen der im Norden gren-
zende Okawango und im Caprivizipfel, mit dem wir bis zum
schiffbaren Sambesi heranreichen, Kwando und Tschobe. Auch
Deutsch-Ostafrika ist kläglich mit schiffbaren Flüssen aus-
gestattet. Der Unterlauf des Kagera, der sich in den Victoriasee
ergießt und als Quellfluß des Nils gilt, kommt für Schiffahrt-
zwecke in Betracht, ebenso die Unterläufe von Pangani, Wami,
Rowuma und Rufiji. Bei letzterm läßt sich weiterhin der Fluß-
verkehr auf einigen Strecken des Mittellaufs betreiben. Unter
den Besitzungen der Südsee kann aus natürlichen Gründen nur
Neuguinea schiffbare Ströme aufweisen. Markhamfluß und
Ramu sind nur im Unterlauf ausgiebiger für die Schiffahrt zu
benutzen, dagegen ist der unserer Elbe an Wasserfülle und Größe
gleichende Kaiserin Augustafluß oder Sepik von der Mündung
aus auf einer Länge von 960 km befahrbar. In die Kiautschou-
Bucht mündet kein schiffbarer Fluß.
Da unsere Kolonien von der Natur aus so schlecht mit natür-
lichen Verkehrsadern bedacht sind, müssen wir der Natur nach-
helfen, indem wir nicht bloß soweit wie möglich die Flußschiffahrt
regulieren, sondern vor allem neue Verkehrswege anlegen.
Für ein Neuland haben sich die Eisenbahnen als die besten
und rentabelsten Verkehrswege erwiesen, und wir machen uns in
den Schutzgebieten endlich auch die von den Engländern schon
längst beherzigte Erfahrung zu nutze: Verkehrswege erzeugen Ver-
kehr. So vermehrte die ostafrikanische Zentralbahn, als sie erst
bis Kilossa gelangt war, den Güterverkehr in einer Weise, daß
diesen zu bewältigen 22000 Träger allein notwendig gewesen
wären. Der menschliche Träger ist überall und zu allen Zeiten
das denkbar schlechteste Beförderungsmittel gewesen. Dazu ist
die Trägerarbeit sehr kostspielig; in Togo kostet ein Tonnen-
kilometer, d. h. die Beförderung einer Gewichtstonne von 1000 kg
über ein Kilometer Weges am Beginn des neuen Jahrhunderts
durchschnittlich 1,67 M. und in Ostafrika 2,30 M. Um nur 1 kg
von der Küste bis zum Tanganjikasee, also auf einer rund 900 km
langen Strecke zu befördern, gebrauchte man mehr als 2 M.
Trägerlohn. In Südwestafrika, wo die Güterbeförderung durch
Ochsenwagen vermittelt wurde, zahlte man, bevor die Bahn von
Swakopmund nach Windhuk fertig gestellt war, auf diesem Wege
durchschnittlich 1 M. für das Tonnenkilometer, und von Lüderitz-
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1. Deutschlands Lage und Größe. 3
schaftsg ebiet eine Fläche von über 543000 (genau 543354)
qkm mit reichlich 65 Millionen Bewohnern (1910).
Die reichlich Va Million Quadratkilometer des Deutschen Reichs
werden von einer 7700 Km langen Grenze umspannt, wovon
2200 km allein die Nord- und Ostsee beanspruchen. Während
die Landgrenze eine wirkliche Grenzlinie ist, stellen die Meer-
grenzen keine scharfen Grenzen dar; sie sind mehr oder minder
breite Bänder, Grenzsäume, die ebensowohl dem Meere, wie dem
Lande angehören. Immerhin bleiben die Meeresküsten die natür-
lichsten Grenzen eines Landes; ihnen nahe verwandt als Natur-
grenzen sind die Gebirge, die das Deutsche Reich vom Eintritt
der Oder in deutsches Gebiet an bis zum Bodensee von fremden
Machtbereichen trennen. Vom Bodensee bis Basel bildet der
Rhein eine natürliche Grenze; er wird dabei von den an sein
nördliches Ufer herantretenden deutschen Gebirgen unterstützt.
Im Westen, Osten und desgleichen im Norden zwischen Schleswig
und Jütland finden sich keine natürlichen Grenzen, wohl aber so-
genannte offene Grenzen. Der Wasgenwald im Südwesten
ist nur auf kurzer Erstreckung Grenzgebirge. Die große Moor-
grenze im Nordwesten verliert durch die Entwässerung immer
mehr den Charakter einer ausgezeichneten Naturgrenze zwischen
Norddeutschland und den Niederlanden. Im Osten scheidet vom
russischen Staat kein scharfes Talprofil, kein beträchtlicherer See
oder Morast.
Die offenen Grenzen sind politisch die schwächsten Grenzen,
verkehrsgeographisch hingegen die vorteilhaftesten, weil hier der
Verkehr keine Terrainschwierigkeiten zu überwinden hat und die
kürzesten Verbindungen in gerader Linie erfolgen können. Unter
Umständen kann aber an der offenen Grenze eine strenge Grenz-
und Zollpolitik auf den Verkehr mehr hindernd als eine natür-
liche Grenze wirken.
Die deutschen Küsten und Meere.
Die deutschen Küsten schauen nach Norden. Nur die Cimbrische
Halbinsel durchbricht den ostwestlichen Verlauf und schafft für
Schleswig-Holstein eine West- und Ostküste, und die Bedeutung,
die das Baltische Meer für die von dieser Ostküste ausstrahlende
hanseatische Macht hatte, läßt uns die Bezeichnung „Ostsee"
erklärlich scheinen. Die scharfen Wendungen der deutschen
Küsten nach Norden haben in dem allgemeinen Verlauf der
Nordseeküste einen rechten Winkel und bei der Ostseeküste einen
stumpfen Winkel erzeugt. Beide Winkel sind für die Kultur-
entwicklung Deutschlands bedeutende Kristallisations- und
kulturelle Schöpfungspunkte geworden. An der Nordsee-
küste ist es ^ die Helgoländer Bucht, mit der Elbemündung,
der Westmündung des Kaiser Wilhelm-Kanals, Hamburg und
1*
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6. Deutschlands Seegeltung. 21
stärksten beteiligt. Zwei Teile von sämtlichen angekommenen und
abgegangenen wirklich beladenen Schiffen (bez. Registertonnen)
entfallen auf die deutsche Handelsflotte und ein Teil auf fremde
Schiffe; vor einem Vierteljahrhundert rvar das Verhältnis gleich
und vor einem halben Jahrhundert bewältigten die fremden
Schiffe zwei Teile und die deutschen nur einen Teil des deutschen
Seefrachtverkehrs.
Küstenschiffahrt wie Überseeverkehr haben beide
tätigen Anteil an der Entwicklung unserer Handelsflotte genommen.
Die Küstenschiffahrt hat ein anderes Gepräge angenommen
durch die Eröffnung des Kaiser Wilhelm-Kanals, des Dortmund-
Emskanals, des Elbe-Travekanals, des Haffkanals Königsberg-
Pillau und durch die damit verknüpfte starke Entfaltung des
Seeschleppverkehrs. Der Schleppdienst geschieht mit sog. See-
leichtern und Kanalschiffen. Jetzt befindet sich ein regelmäßiger
Leichterdienst Zwischen Hamburg und den deutschen Mittelrhein-
Häfen, dann zwischen Hamburg - Bremen nach den Häfen der
Ostsee bis hinauf zum finnischen Busen. So erweist sich der
Leichterdienst als eine notwendige Ergänzung des Transport-
betriebes der Riesendampfer.
Der neuere Ostseeverkehr hat besonders durch den Kaiser
Wilh elm-Kanal gewonnen, dessen Verkehr von reichlich
25000 Schiffen mit 3 Millionen Registertonnen im Jahre 1898
auf reichlich 54000 Schiffe mit rund 9 Millionen Registertonnen
im Jahre 1911 stieg. Seit dem Jahre 1903 werden die jährlichen
Betriebsausgaben durch die Einnahmen nicht nur gedeckt, sondern
der Überschutz ist von Jahr zu Jahr höher geworden (vgl. stat.
Anh. Xi). Der Kanal, 1887 bis 1895 erbaut, ist der großartigste
Durchgangshafen und Durchgangsweg des Deutschen Reichs.
Er verbindet auf einer 99 km langen Strecke die Elbmündung
(Brunsbüttel) über Rendsburg mit der Kieler Förde (Holtenau).
Die Breite im Wasserspiegel beträgt 60 m, in der Sohle 22 m
und die durchschnittliche Tiefe 9 m. Er wird in 8 bis 12 Stunden
durchfahren und bietet der Kriegs- und Handelsflotte nicht bloß
eine sichere Fahrt, sondern auch eine zwischen Nord- und Ostsee
um rund 400 Seemeilen = 750 km kürzere Fahrt. So erweist
sich dieser Schiffsweg nicht bloß als eine Verkehrsader der Nord-
und Ostseeländer, sondern auch als eine der wichtigsten Lebensadern
des Reichs. „Die Zukunft wird ihm vom Lichte einer hervor-
ragenden geschichtlichen Bedeutung umflossen sehen, so wie uns
beim Rückblick auf die Geschichte der Hansa der Sund erglänzt"
(Fr. Ratzel). In Erkenntnis der wirtschaftlichen, hauptsächlich
jedoch der strategischen Bedeutung — ersetzt uns doch der Kanal
durch die schnelle Vereinigung der Ost- und Nordseekriegsflotte
ein ganzes Geschwader — geht man jetzt daran, die Abmessungen
des Kanals nach Breite und Tiefe bedeutend zu vergrößern.
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